No problem

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Der Unterricht gehört zum festen Programm im Mühlenkindergarten in Marl-Sickingmühle, der von einer Elterninitiative getragen wird. Auf spielerische Weise lernen die Jüngsten eine Fremdsprache
ENGLISCH IM KINDERGARTEN Marl. „Tamara, are you here today?“, fragt Vivien Sindel. Die aufgeweckte Fünfjährige mit dem hübschen Haarreif muss erst einmal ein bisschen nachdenken. „Yes, I am“, antwortet sie dann völlig korrekt. Schließlich lernt sie ja auch schon seit einem Jahr Englisch – und zwar im Kindergarten.
Sieben Vorschulkinder sitzen im Kreis um Sprachlehrerin Vivien herum. Zunächst wird das Begrüßungslied gesungen. „Bells are ringing“ heißt es und kündigt an „It’s english-time!“ im Mühlen-Kindergarten in Sickingmühle. 45 Minuten lang werden sich die fünf- und sechsjährigen Mädchen und Jungen mit fremden Lauten, Wörtern und Sätzen vertraut machen – auf spielerische Weise.
Mit einem lustigen Wissensquiz geht’s heute los. „Pick a card“, fordert Vivien Sindel, die 38-jährige Irin, ein Kind nach dem anderen auf. Jeder muss dann das Tier benennen, das auf seinem Kärtchen abgebildet ist. Lina hat ein Katzenbild erwischt. Das ist noch einfach. „Cat“, ruft sie wie aus der Pistole geschossen. Nicht ganz so leicht hat es Yannik. Wie das Seepferdchen bei den Briten heißt, fällt ihm einfach nicht ein. „No problem“ – wer das englische Wort nicht weiß, kann auch erst einmal nur das deutsche Wort sagen. „Die Kinder sollen ohne Druck lernen. Durch Imitieren. Und durch häufige Wiederholungen“, erklärt Mrs. Sindel.
Loreen, die sich noch nicht richtig traut, die fremden Wörter auszusprechen, darf diesmal auch nur zuhören. Beim Aufräumen allerdings hilft sie kräftig mit. „Everybody, clean up!“ heißt das Lied, das die Knirpse dabei anstimmen. Dann folgt ein Bewegungsspiel und später ein Farben-Quiz. Jedes Kind soll mit geschlossenen Augen einen Gegenstand aus einem Beutel holen – und dann sagen, welche Farbe dieser hat. „Yeah, cool“, lobt die Lehrerin, wenn die Antwort stimmt – oder sie fordert sogar „Give me five!“.
Der Englischunterricht gehört zum festen Programm im Mühlenkindergarten, der von einer Elterninitiative getragen wird. Von den zehn Euro, die jede Familie zusätzlich zu den KiGa-Gebühren als Mitgliedsbeitrag zahlt, wird er finanziert. Vivien Sindel ist Mitarbeiterin der Recklinghäuser Sprachschule 1-2-3-Go, die sich auf den Englischunterricht für kleine Kinder spezialisiert hat. Zum Prinzip gehört, dass als Lehrer Muttersprachler fungieren – oder Menschen, die länger im englischsprachigen Ausland gelebt haben. Denn: „Im Unterricht wird fast ausschließlich Englisch gesprochen, und die Sprachmelodie soll dabei authentisch sein“, so Annika Brahm, Leiterin des Mühlenkindergartens.
Warum Englisch lernen schon in solch‘ zartem Alter? „Weil sich die Kinder die Fremdsprache in dieser Lebensphase noch wie ihre Muttersprache aneignen. Durchs Zuhören, Nachsprechen, Wiederholen. Sie haben viel bessere Speicherqualitäten als ältere Kinder oder Erwachsene“, erklärt Brahm. Überfordern wolle man die Kleinen aber nicht. Die Dreijährigen haben daher eine halbe Stunde pro Woche, die Vier- bis Sechsjährigen 45 Minuten Unterricht. Aufmerksamkeit ist dabei allerdings Pflicht. Wer herumalbert und stört, bekommt sogleich „You silly Billy!“ („Sei kein Kasper!“) zu hören.
Die Großen, die schon seit einem Jahr bei Vivien Sindel „in die Schule gehen“, verfügen schon über einen beachtlichen Wortschatz. Das Lieblingstier von Pia (5) ist der „monkey“, Hennings (5) Lieblingsfarbe ist „blue“. Lynn (5) hat ihre Kenntnisse auch schon für einen Wissenstest genutzt. Sie hat ihre Eltern zu Hause gefragt, was gelb oder rot auf Englisch heißt.
Das Ziel des Englisch-Unterrichts ist schnell benannt: Nach drei Kindergartenjahren sollen die Kids kurze Sätze in der Fremdsprache formulieren können. Für den Englisch-Unterricht in der Grundschule sind sie so bestens präpariert. „Das Wichtigste ist aber, dass sie Spaß am Sprachenlernen bekommen – und künftig einfach gerne fremde Sprachen lernen“, meint Annika Brahm. Genau das sollten sich auch die Eltern vor Augen halten. „Sie dürfen nicht zu viel erwarten und den Kindern so das Sprachenlernen vermiesen“, warnt Vivien Sindel vor übertriebenem Eltern-Ehrgeiz.